Das Ansetzen von eigenem Schlehen Gin, auch bekannt als Sloe Gin, ist ein Prozess, der Geduld und Präzision belohnt. Das Ergebnis ist ein tiefroter, komplexer Likör, der die herbe Fruchtigkeit der Schlehe mit der botanischen Tiefe von Gin und der Wärme winterlicher Gewürze vereint. Dieses Rezept ist nicht nur eine Anleitung, sondern eine technische Erklärung der Prozesse, die für ein herausragendes Ergebnis entscheidend sind. Du lernst, warum jeder Schritt, von der Ernte der Schlehen bis zur finalen Reifung, eine entscheidende Rolle für das Aromaprofil spielt. Wir verzichten auf Anekdoten und konzentrieren uns auf die Fakten, die Deinen selbst angesetzten Schlehen Gin von einem guten zu einem exzellenten machen. Folge dieser Anleitung genau, um einen Sloe Gin mit perfekt ausbalancierter Süße, Säure und Würze herzustellen.

Aromatischer Schlehen Gin selbst ansetzen
Kochutensilien
- 1 Großes, verschließbares Glasgefäß (ca. 1,5 - 2 Liter) z.B. ein Bügelglas oder Einmachglas
- 1 Feinmaschiges Sieb oder Passiertuch
- 1 Trichter
- 2 Saubere, sterilisierte Glasflaschen mit Verschluss (je 500 ml)
Zutaten
Zutaten
- 500 g Schlehen, reif Nach dem ersten Frost geerntet oder über Nacht eingefroren
- 700 ml Gin Ein guter London Dry Gin ist eine solide Basis
- 250 g Weißer Kandiszucker Alternativ normaler Haushaltszucker
- 1 Zimtstange
- 2 Sternanis
- 3 Ganze Nelken
- 2 Kardamomkapseln Leicht angedrückt, um die Aromen freizusetzen
- 3 Streifen Schale einer Bio-Orange Mit einem Sparschäler ohne die weiße Haut abgeschält
Anleitungen
- Schritt 1: Schlehen vorbereiten
Die Schlehen gründlich waschen und verlesen. Welke oder schlechte Früchte aussortieren. Falls die Schlehen noch keinen Frost abbekommen haben, diese für mindestens 24 Stunden in den Gefrierschrank legen. Dadurch platzt die Haut auf und der Saft kann besser austreten. Die gefrorenen Früchte müssen nicht aufgetaut werden. - Schritt 2: Zutaten schichten
Die vorbereiteten Schlehen in das große, saubere Glasgefäß geben. Den Kandiszucker darüber streuen. - Schritt 3: Gewürze hinzufügen
Zimtstange, Sternanis, Nelken, die angedrückten Kardamomkapseln und die Orangenschalenstreifen zu den Schlehen und dem Zucker in das Glas geben. - Schritt 4: Mit Gin aufgießen
Das gesamte Gefäß mit den 700 ml Gin auffüllen. Sicherstellen, dass alle Zutaten vollständig mit dem Alkohol bedeckt sind. - Schritt 5: Ansetzen und reifen lassen
Das Glas fest verschließen und kräftig schütteln, damit sich der Zucker zu lösen beginnt. Den Ansatz an einem kühlen, dunklen Ort (z.B. in einer Speisekammer) für 8 bis 12 Wochen ziehen lassen. In den ersten zwei Wochen das Glas alle 1-2 Tage schütteln, danach reicht einmal pro Woche. - Schritt 6: Gin abseihen
Nach der Reifezeit den Inhalt des Glases durch ein mit einem Passiertuch ausgelegtes, feinmaschiges Sieb gießen. Die Flüssigkeit in einer sauberen Schüssel auffangen. Die Früchte und Gewürze im Sieb gut ausdrücken, um den gesamten aromatischen Gin zu gewinnen. - Schritt 7: Abfüllen und nachreifen
Den fertigen Schlehen-Gin mithilfe eines Trichters in die sterilisierten Glasflaschen füllen und fest verschließen. Für das beste Aroma den Gin vor dem Genuss nochmals 2-4 Wochen an einem dunklen Ort nachreifen lassen. Dadurch werden die Aromen runder und harmonischer.
Notizen
Das Wichtigste auf einen Blick
- Schwierigkeit: Einfach
- Ideal für: Kalte Tage, als Aperitif oder als hausgemachtes Geschenk
- Besonderheit: Komplexes Aromaprofil durch eine ausgewogene Mischung winterlicher Gewürze
- Schlüssel-Tipp: Das Aufbrechen der Schlehenhaut durch Frost oder Einfrieren ist für die maximale Extraktion von Saft und Farbe unerlässlich.
Warum dieses Rezept für Schlehen Gin mit Gewürzen überzeugt
Ein klassischer Sloe Gin besteht nur aus Schlehen, Zucker und Gin. Dieses Rezept geht einen entscheidenden Schritt weiter, indem es eine sorgfältig kuratierte Auswahl an Gewürzen integriert. Der technische Grund dafür liegt in der Schaffung eines mehrdimensionalen Geschmacksprofils. Schlehen sind von Natur aus reich an Tanninen und Fruchtsäure, was ihnen eine adstringierende, herbe Note verleiht. Der Zucker balanciert diese Herbheit aus, aber erst die Gewürze – Zimt, Sternanis, Nelken und Kardamom – heben das Ergebnis auf ein neues Level. Sie fügen warme, würzige und leicht süßliche Noten hinzu, die die Fruchttöne ergänzen, anstatt sie zu überdecken. Die Orangenschale steuert zudem ätherische Öle bei, die für eine frische, zitrusartige Kopfnote sorgen und die Schwere der anderen Aromen auflockern. Das Ergebnis ist ein harmonischer, runder und deutlich komplexerer Gin-Likör.
Die Zutaten im Fokus: Die Basis für exzellenten Sloe Gin
Die Qualität des Endprodukts wird direkt von der Qualität der Ausgangszutaten bestimmt. Bei einem Mazerationsprozess wie diesem gibt es keine Möglichkeit, minderwertige Komponenten zu kaschieren.
Die Hauptzutat: Reife Schlehen – Das richtige Timing ist entscheidend
Der wichtigste Faktor bei den Schlehen ist ihr Reifegrad und die Behandlung vor dem Ansetzen. Traditionell werden Schlehen nach dem ersten Frost geerntet. Dies hat einen fundierten wissenschaftlichen Grund: Das gefrierende Wasser in den Fruchtzellen dehnt sich aus und sprengt die Zellwände. Dieser Prozess, auch Zelllyse genannt, bricht die feste Haut der Schlehen auf und macht das Fruchtfleisch weicher. Dadurch können Saft, Farbstoffe (Anthocyane) und Aromen während der Mazeration effizienter in den Alkohol übergehen.
Wenn Du die Schlehen vor dem ersten Frost erntest, musst Du diesen Prozess manuell im Gefrierschrank simulieren. Die Konsequenz, wenn man diesen Schritt auslässt, ist gravierend: Der Gin wird weniger Farbe und ein deutlich schwächeres Fruchtaroma aufweisen, da die Extraktion unvollständig bleibt. Stattdessen dominieren die Tannine aus der Haut, was zu einem übermäßig herben, unausgewogenen Geschmack führt.
Wichtiger Hinweis
Verwende ausschließlich reife, tiefblaue bis schwarze Schlehen. Unreife, rötliche Früchte enthalten einen noch höheren Anteil an Gerbstoffen und führen zu einem unangenehm bitteren Ergebnis.
Die Wahl von Gin und Zucker: Fundament für Geschmack und Süße
Die Auswahl des Gins und des Zuckers legt das Fundament für den späteren Geschmack. Ein London Dry Gin ist die ideale Wahl, da er eine klare, wacholderbetonte und relativ neutrale Basis bietet, die die Aromen der Früchte und Gewürze nicht überlagert. Ein zu komplexer oder „New Western Style“ Gin mit starken floralen oder zitruslastigen Noten könnte mit den Schlehenaromen konkurrieren.
Beim Zucker stehen Kandis und normaler Haushaltszucker zur Wahl. Beide haben unterschiedliche physikalische Eigenschaften, die den Prozess beeinflussen.
Weißer Kandiszucker
- Löst sich langsam und gleichmäßig auf, was zu einer sanfteren Mazeration führt.
- Führt nach Meinung vieler zu einem runderen, weicheren Mundgefühl.
Haushaltszucker (Saccharose)
- Löst sich sehr schnell, was den Prozess beschleunigt.
- Kann bei unzureichendem Schütteln eine konzentrierte Zuckerschicht am Boden bilden.
Die Zubereitung gemeistert: Techniken für maximales Aroma
Der Erfolg beim Ansetzen von Schlehen Gin hängt von der korrekten Anwendung der Mazerationstechnik und der Einhaltung der Reifezeiten ab.
Der Schlüsselprozess: Die Mazeration und das richtige Schütteln
Die Mazeration ist der Prozess, bei dem Alkohol als Lösungsmittel fungiert, um die gewünschten Geschmacks-, Farb- und Aromastoffe aus den festen Zutaten (Schlehen, Gewürze) zu extrahieren. Das Schütteln des Gefäßes ist hierbei kein optionaler Schritt. In den ersten Wochen, in denen sich der Zucker auflöst, ist tägliches oder zweitägiges Schütteln unerlässlich. Dadurch wird nicht nur die Auflösung des Zuckers beschleunigt, sondern auch sichergestellt, dass alle Früchte und Gewürze gleichmäßig vom Alkohol umspült werden. Dies garantiert eine homogene Extraktion. Wird das Schütteln vernachlässigt, extrahieren die unteren Schichten anders als die oberen, was zu einem inkonsistenten Aroma führt.
Geduld zahlt sich aus: Die optimale Reife- und Nachreifezeit
Die angegebene Reifezeit von 8 bis 12 Wochen ist ein entscheidendes Zeitfenster. Während dieser Zeit finden komplexe chemische Prozesse statt:
- Extraktion: Die primären Aromen und Farbstoffe werden aus den Zutaten gelöst.
- Esterbildung: Säuren aus den Früchten reagieren mit dem Alkohol und bilden neue aromatische Verbindungen (Ester), die für komplexe Fruchtnoten sorgen.
- Harmonisierung: Scharfe, spitze Alkoholnoten werden abgebaut und die einzelnen Aromen verbinden sich zu einem runden Gesamtbild.
Die anschließende Nachreifezeit von 2-4 Wochen nach dem Abseihen ist ebenso wichtig. Nachdem die festen Bestandteile entfernt wurden, können sich die gelösten Verbindungen im Gin „setzen“ und weiter harmonisieren, ohne dass weitere Tannine aus den Schalen und Kernen extrahiert werden. Das Ergebnis ist ein deutlich weicheres und runderes Mundgefühl.
Profi-Tipp
Beschrifte Deine Flaschen immer mit dem Abfülldatum. So kannst Du die Geschmacksentwicklung über die Zeit verfolgen. Ein gut gemachter Schlehen Gin entwickelt sich in der Flasche über Jahre weiter und kann an Komplexität gewinnen.
Variationen, Lagerung und Genuss: So holst Du das Beste aus Deinem Schlehen Gin
Mögliche Variationen des Rezepts
Dieses Rezept ist eine exzellente Basis, die Du nach Deinem Geschmack anpassen kannst.
- Andere Gewürze: Eine aufgeschnittene Vanilleschote für eine cremig-süße Note oder ein paar Pimentkörner für zusätzliche Würze sind gute Ergänzungen.
- Zitrus-Alternativen: Statt Orange kannst Du auch die Schale einer Bio-Zitrone oder Grapefruit verwenden, um eine andere zitrusartige Frische zu erzielen.
- Süße anpassen: Die Zuckermenge kann reduziert werden, wenn Du einen herberen, trockeneren Sloe Gin bevorzugst. Reduziere sie jedoch nicht zu stark, da Zucker auch bei der osmotischen Extraktion des Saftes hilft.
Richtige Lagerung des fertigen Schlehen Gins
Die Lagerung ist entscheidend für die Haltbarkeit und Qualität. Fülle den fertigen Gin in sterilisierte, luftdicht verschließbare Flaschen ab. Lagere diese an einem kühlen, dunklen Ort. Direkte Sonneneinstrahlung muss unbedingt vermieden werden, da UV-Licht die empfindlichen Farb- und Aromamoleküle zersetzt. Der Gin verliert dann seine leuchtend rote Farbe und sein Aroma verflacht. Unter korrekten Lagerbedingungen ist der Schlehen Gin mindestens ein bis zwei Jahre haltbar, oft sogar deutlich länger. Sein Geschmacksprofil wird sich mit der Zeit weiterentwickeln und tendenziell weicher werden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Warum müssen die Schlehen vor dem Ansetzen Frost abbekommen haben?
Der Frost ist ein entscheidender mechanischer Schritt. Wenn das Wasser in den Fruchtzellen gefriert, dehnt es sich aus und bildet Eiskristalle. Diese Kristalle durchbrechen die Zellwände und die robuste äußere Haut der Schlehen. Ohne diesen Schritt bleibt die Haut größtenteils intakt, was die Extraktion von Saft, Farbe und Aroma in den Alkohol stark behindert. Das Ergebnis wäre ein blasserer, weniger fruchtiger und herberer Gin. Wenn die Schlehen bei der Ernte noch keinen Frost hatten, erzielt man denselben Effekt, indem man sie für mindestens 24 Stunden einfriert.
Kann ich auch weniger Zucker für den Schlehen Gin verwenden?
Ja, die Zuckermenge kann angepasst werden. Eine Reduzierung führt zu einem herberen, trockeneren und fruchtbetonteren Schlehen Gin. Beachte jedoch, dass der Zucker zwei Funktionen erfüllt: Er sorgt nicht nur für Süße, um die Tannine der Schlehen auszugleichen, sondern er unterstützt durch Osmose auch den Prozess der Saft-Extraktion aus den Früchten. Eine moderate Reduktion ist möglich, aber eine zu drastische Verringerung kann die Aroma-Ausbeute leicht beeinträchtigen. Taste dich schrittweise an Deine bevorzugte Süße heran.
Was kann ich mit den übrig gebliebenen Schlehen nach dem Abseihen machen?
Die mit Gin vollgesogenen Schlehen sind viel zu schade zum Wegwerfen. Sie haben noch immer ein intensives Aroma. Eine beliebte Möglichkeit ist die Herstellung von „Sloe Port“ oder „Slider“. Gib die abgetropften Schlehen in ein neues Glas, fülle es mit einem einfachen Portwein oder einem kräftigen Rotwein auf und lasse das Ganze für weitere 4-6 Wochen ziehen. Alternativ können die entkernten Früchte zu einer aromatischen Marmelade verarbeitet oder in geschmolzene dunkle Schokolade getaucht werden, um hausgemachte „Sloe Gin Pralinen“ herzustellen.




