Die Verbindung zwischen asiatischer Küche und Glutamat ist ein Thema, das viele beschäftigt und oft zu Diskussionen führt. Häufig hört man, dass gerade Gerichte aus China, Japan, Thailand oder Vietnam besonders viel dieses Stoffes enthalten sollen. Aber warum ist das so? Handelt es sich dabei um einen Mythos, eine kulinarische Tradition oder steckt mehr dahinter? Die Antwort ist vielschichtig und berührt Aspekte der Chemie, der Kochkunst, der Kulturgeschichte und sogar der menschlichen Physiologie. Glutamat ist weit mehr als nur der vieldiskutierte Geschmacksverstärker mit der E-Nummer E621. Es ist eine Substanz, die ganz natürlich in vielen Lebensmitteln vorkommt – auch in solchen, die wir täglich essen, ohne uns dessen bewusst zu sein. Tomaten, Parmesan, Pilze – sie alle enthalten von Natur aus Glutamat. In der asiatischen Küche spielt es jedoch oft eine besonders zentrale Rolle, was eng mit dem Konzept des „Umami“ zusammenhängt, der fünften Grundgeschmacksrichtung. Dieser Beitrag beleuchtet die Hintergründe: Was Glutamat genau ist, warum es in Asien eine so lange Tradition hat, wie sich natürliches von zugesetztem Glutamat unterscheidet und was es mit dem berüchtigten „China-Restaurant-Syndrom“ auf sich hat. Ziel ist es, ein klares Bild zu zeichnen, das über einfache Schlagzeilen hinausgeht und die tatsächliche Bedeutung von Glutamat in der asiatischen Esskultur erklärt.
Das Wichtigste auf einen Blick
Glutamat ist das Salz der Aminosäure Glutaminsäure und ein natürlicher Bestandteil vieler proteinreicher Lebensmittel. Es ist der Hauptträger des Umami-Geschmacks, der als fünfte Grundgeschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter gilt. Gerade in der asiatischen Küche wird dieser herzhafte, vollmundige Geschmack traditionell sehr geschätzt und gezielt durch Zutaten wie Sojasauce, Fischsauce, Miso oder Kombu-Algen erzeugt, die von Natur aus reich an freiem Glutamat sind. Neben diesem natürlichen Vorkommen kann Glutamat auch als isolierter Zusatzstoff, meist als Mononatriumglutamat (MSG), Lebensmitteln zugefügt werden, um deren Geschmack zu intensivieren. Die Bedenken bezüglich MSG, oft unter dem Begriff „China-Restaurant-Syndrom“ zusammengefasst, sind wissenschaftlich umstritten; die meisten Studien konnten keinen eindeutigen Zusammenhang bei üblichen Verzehrmengen nachweisen. Die moderne asiatische Küche setzt zunehmend wieder auf natürliche Umami-Quellen, auch wenn zugesetztes MSG weiterhin Verwendung findet.
- Glutamat ist das Salz der Aminosäure Glutaminsäure und kommt natürlich in vielen Lebensmitteln vor.
- Es ist verantwortlich für den Umami-Geschmack, die fünfte Grundgeschmacksrichtung.
- Asiatische Küchen nutzen traditionell viele glutamatreiche Zutaten (Sojasauce, Miso, Kombu).
- Mononatriumglutamat (MSG) ist die isolierte, zugesetzte Form und dient als Geschmacksverstärker (E621).
- Chemisch gibt es keinen Unterschied zwischen natürlichem und zugesetztem Glutamat.
- Das „China-Restaurant-Syndrom“ ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt und gilt eher als Mythos.
- Die moderne asiatische Küche nutzt sowohl natürliche Umami-Quellen als auch bewusst Alternativen oder verzichtet auf zugesetztes MSG.
Was genau ist Glutamat und wo kommt es natürlich vor?
Beginnen wir ganz grundlegend: Was ist Glutamat eigentlich? Chemisch betrachtet ist Glutamat das Salz der Glutaminsäure. Glutaminsäure wiederum ist eine Aminosäure, also ein Baustein von Proteinen. Sie gehört zu den nicht-essentiellen Aminosäuren, was bedeutet, dass unser Körper sie selbst herstellen kann und wir sie nicht zwingend mit der Nahrung aufnehmen müssen. Tatsächlich spielt Glutamat eine wichtige Rolle im menschlichen Stoffwechsel, zum Beispiel als Neurotransmitter im Gehirn. Wenn wir über Glutamat im Essen sprechen, meinen wir meist das Salz dieser Aminosäure, das für den Geschmack verantwortlich ist. Wichtig ist hierbei das sogenannte freie Glutamat. In vielen Lebensmitteln liegt Glutaminsäure gebunden in Proteinen vor – dort schmeckt man sie nicht. Erst wenn sie durch Prozesse wie Reifung, Fermentation oder Kochen freigesetzt wird, entfaltet sie ihren charakteristischen Geschmack. Und das Erstaunliche: Dieser Stoff ist keineswegs eine rein künstliche Erfindung oder nur in asiatischen Zutaten zu finden. Im Gegenteil, viele alltägliche westliche Lebensmittel sind wahre Glutamat-Bomben. Denken wir an reife Tomaten, Parmesan-Käse, Roquefort, Pilze, Walnüsse oder auch Muttermilch – sie alle enthalten von Natur aus beträchtliche Mengen an freiem Glutamat.
Lebensmittel | Typischer Gehalt an freiem Glutamat (mg/100g) |
---|---|
Kombu-Alge (getrocknet) | 1400 – 3200 |
Parmesan | 1200 – 1600 |
Sojasauce | 400 – 1700 |
Roquefort-Käse | 1280 |
Fischsauce | 700 – 1400 |
Getrocknete Tomaten | 650 – 1100 |
Walnüsse | 660 |
Reife Tomaten | 150 – 250 |
Grüne Erbsen | 110 – 200 |
Pilze (Champignons) | 40 – 110 |
Muttermilch | ~20 |
Warum enthalten gerade gereifte oder fermentierte Produkte so viel freies Glutamat? Während der Reifung von Käse oder Schinken, der Fermentation von Sojabohnen zu Sojasauce oder Miso, oder auch beim langsamen Schmoren von Fleisch werden Proteine aufgespalten. Dabei wird die gebundene Glutaminsäure freigesetzt – das Ergebnis ist ein intensiverer, herzhafter Geschmack. Dieses freie Glutamat bindet an spezifische Glutamat-Rezeptoren auf unserer Zunge, die das Signal für den Umami-Geschmack an unser Gehirn senden. Evolutionär gesehen ist das durchaus sinnvoll: Ein hoher Glutamatgehalt signalisiert oft proteinreiche und damit nahrhafte Nahrung, was für unsere Vorfahren überlebenswichtig war. Es ist also kein Zufall, dass wir diesen Geschmack als angenehm empfinden. Die Wahrnehmung von Glutamat ist tief in unserer Biologie verankert. Es ist ein natürlicher Bestandteil unserer Ernährung, lange bevor es als Zusatzstoff isoliert wurde. Das Verständnis dieses natürlichen Vorkommens ist entscheidend, um die Rolle von Glutamat, insbesondere in der asiatischen Küche, richtig einordnen zu können.

Umami & Tradition: Die Rolle von Glutamat in der asiatischen Küche
Der Schlüssel zum Verständnis der prominenten Rolle von Glutamat in vielen asiatischen Gerichten liegt in einem Wort: Umami. Dieser Begriff, der oft als „herzhaft“, „fleischig“ oder „wohlschmeckend“ beschrieben wird, bezeichnet die fünfte Grundgeschmacksrichtung neben süß, sauer, salzig und bitter. Entdeckt und benannt wurde Umami 1908 vom japanischen Wissenschaftler Dr. Kikunae Ikeda. Er untersuchte die getrocknete Kombu-Alge, die traditionell zur Herstellung der japanischen Brühe Dashi verwendet wird, und identifizierte Glutamat als die verantwortliche Substanz für deren besonderen, tiefen Geschmack. Obwohl der Begriff erst Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt wurde, ist das Streben nach diesem Geschmacksprofil in den Kochtraditionen Asiens tief verwurzelt. Lange bevor die Wissenschaft dahinter verstanden wurde, nutzten Köche intuitiv Zutaten und Techniken, die den Umami-Geschmack maximierten. Es geht dabei um mehr als nur Würze; Umami verleiht Speisen eine besondere Tiefe, Komplexität und ein Gefühl der Sättigung. Es rundet den Gesamtgeschmack ab und macht Gerichte oft erst richtig „rund“ und befriedigend.
- Kombu: Diese getrocknete Braunalge ist eine der reichsten natürlichen Quellen für freies Glutamat und bildet die Basis vieler japanischer Brühen (Dashi).
- Sojasauce (Shoyu, Tamari): Durch die Fermentation von Sojabohnen (oft mit Weizen) entsteht nicht nur Salz, sondern auch viel freies Glutamat und andere Aromastoffe. Ein Grundpfeiler vieler ostasiatischer Küchen.
- Miso-Paste: Ebenfalls aus fermentierten Sojabohnen (manchmal mit Reis oder Gerste) hergestellt, liefert Miso eine komplexe Mischung aus salzigen, süßen und intensiven Umami-Noten.
- Fischsauce (Nuoc Mam, Nam Pla): Vor allem in Südostasien unverzichtbar. Sie entsteht durch monatelange Fermentation von Fisch (meist Sardellen) mit Salz und ist extrem reich an Umami.
- Getrocknete Shiitake-Pilze: Sie enthalten nicht nur Glutamat, sondern auch Guanylat, eine andere Verbindung, die den Umami-Geschmack verstärkt (siehe Umami-Synergie).
- Bonitoflocken (Katsuobushi): Getrockneter, geräucherter und fermentierter echter Bonito (Thunfischart). Reich an Inosinat, das ebenfalls synergistisch mit Glutamat wirkt, und Hauptzutat für Dashi neben Kombu.
- Garnelenpaste (Terasi, Belacan, Kapi): Eine intensive Paste aus fermentierten Garnelen, die vielen südostasiatischen Currys und Saucen Tiefe verleiht.
- Kimchi: Das koreanische Nationalgericht aus fermentiertem Chinakohl und anderen Gemüsen entwickelt durch die Fermentation ebenfalls Umami-Komponenten.
Ein besonders interessantes Phänomen ist die sogenannte Umami-Synergie. Köche in Asien (und auch anderswo) haben über Jahrhunderte gelernt, dass die Kombination bestimmter Zutaten den Umami-Effekt potenziert. Dies geschieht, wenn Lebensmittel, die reich an Glutamat sind (wie Kombu), mit solchen kombiniert werden, die reich an bestimmten Nukleotiden wie Inosinat (z.B. in Fisch, Fleisch, Bonitoflocken) oder Guanylat (z.B. in getrockneten Pilzen) sind. Das klassische Beispiel ist die japanische Dashi-Brühe aus Kombu und Katsuobushi – die Kombination erzeugt einen viel intensiveren Umami-Geschmack, als die Summe der Einzelzutaten vermuten ließe. Diese Techniken, zusammen mit Fermentation und Trocknung, die ebenfalls den Gehalt an freiem Glutamat erhöhen, sind tief in der asiatischen Kochkultur verankert. Sie ermöglichen es, auch mit einfachen oder wenigen Zutaten einen tiefen, befriedigenden Geschmack zu erzielen, der als Zeichen für nahrhaftes und wohltuendes Essen gilt.

Natürlich oder zugesetzt? Der Unterschied beim Glutamat im Essen
Wenn über Glutamat diskutiert wird, ist eine zentrale Unterscheidung wichtig: die zwischen natürlichem Glutamat, das als Bestandteil von Lebensmitteln vorkommt, und zugesetztem Glutamat, das als reiner Stoff – meist in Form von Mononatriumglutamat (MSG oder MNG) – Speisen hinzugefügt wird. Natürliches Glutamat finden wir, wie bereits erwähnt, in Tomaten, Käse, Pilzen, Sojasauce und vielen anderen Dingen. Es ist dort entweder noch in Proteinen gebunden oder liegt als freies Glutamat vor, eingebettet in die komplexe Matrix des Lebensmittels mit all seinen anderen Nähr- und Aromastoffen. Zugesetztes Glutamat hingegen ist die isolierte Form. Es wird heute industriell hergestellt, meist durch einen Fermentationsprozess. Dabei wandeln spezielle Bakterienkulturen zuckerhaltige Substanzen wie Stärke (aus Mais oder Tapioka) oder Melasse (aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben) in Glutaminsäure um. Diese wird dann isoliert und durch Neutralisation mit Natronlauge in das stabile Salz Mononatriumglutamat (chemische Formel C5H8NNaO4) überführt. Das Ergebnis ist ein weißes, kristallines Pulver, das als Geschmacksverstärker mit der europäischen Zulassungsnummer E621 bekannt ist. Seine Hauptfunktion: den Umami-Geschmack zu liefern oder zu intensivieren und andere Geschmacksnoten abzurunden. Es ist eine kostengünstige und effektive Methode, um Lebensmitteln mehr Geschmackstiefe zu verleihen, was besonders in der industriellen Lebensmittelproduktion, aber auch in manchen Restaurants geschätzt wird.
Merke: Natürlich vs. Zugesetzt
Chemisch gesehen ist das Glutamat-Molekül identisch, egal ob es natürlich vorkommt oder als Mononatriumglutamat (MSG) zugesetzt wird. Der Körper erkennt und verstoffwechselt es auf die gleiche Weise. Der wesentliche Unterschied liegt im Kontext und in der Konzentration: Natürliches Glutamat ist Teil eines komplexen Lebensmittels, zusammen mit Ballaststoffen, Vitaminen, Mineralien und anderen Aromakomponenten. Zugesetztes MSG ist eine isolierte Substanz, die gezielt eingesetzt wird, um den Umami-Geschmack zu verstärken oder fehlende Geschmackstiefe auszugleichen. Die Diskussionen über mögliche gesundheitliche Auswirkungen beziehen sich fast ausschließlich auf das zugesetzte MSG, oft im Zusammenhang mit der Menge und der Art der Lebensmittel, in denen es verwendet wird (z.B. hochverarbeitete Produkte).
- Natürliches Glutamat: Bestandteil der Lebensmittelmatrix (z.B. in Tomaten, Käse, Sojasauce).
- Zugesetztes Glutamat (MSG, E621): Isolierte Substanz, als Lebensmittelzusatzstoff deklariert.
- Chemisch und physiologisch: Kein Unterschied in der Struktur oder Verarbeitung durch den Körper.
- Diskussion: Fokus auf zugesetztes MSG, dessen Menge und den Ernährungskontext.
- Andere Glutamatsalze (E622-E625): Kalium-, Calcium-, Magnesium-, Ammoniumglutamat (seltener verwendet).
In der Europäischen Union müssen zugesetzte Glutamate (E621 bis E625) klar in der Zutatenliste deklariert werden, entweder mit ihrer E-Nummer oder dem Namen, wie „Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat“. Es gibt jedoch eine Grauzone: Bestimmte Zutaten wie Hefeextrakt, Sojaproteinhydrolysat, autolysierte Hefe oder einfach „Würze“ enthalten von Natur aus ebenfalls hohe Konzentrationen an freiem Glutamat, da bei ihrer Herstellung Proteine aufgespalten werden. Wenn diese als Zutat verwendet werden, muss nicht explizit auf „zugesetztes Glutamat“ hingewiesen werden, obwohl sie den Glutamatgehalt des Endprodukts deutlich erhöhen können. Dies führt manchmal zu Verwirrung bei Verbrauchern, die versuchen, zugesetztes Glutamat zu meiden. Wissenschaftlich betrachtet gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass der Körper zwischen dem Glutamat aus Hefeextrakt und dem aus reinem MSG unterscheidet. Die Debatte dreht sich daher weniger um die Herkunft des Moleküls als vielmehr um die Gesamtmenge an freiem Glutamat in der Nahrung und die Frage, ob sehr hohe Dosen bei manchen Menschen Unverträglichkeitsreaktionen auslösen könnten. In der asiatischen Küche kommen beide Formen vor: die traditionelle Nutzung natürlicher Quellen und, vor allem in Restaurants und bei Fertigprodukten, der Einsatz von zugesetztem MSG.

Das „China-Restaurant-Syndrom“ und andere Mythen: Wie bedenklich ist Glutamat?
Kaum ein Lebensmittelzusatzstoff ist so von Mythen und Kontroversen umgeben wie Mononatriumglutamat (MSG). Zentral dafür ist das sogenannte „China-Restaurant-Syndrom“ (CRS). Der Begriff tauchte erstmals 1968 in einem Brief an das renommierte New England Journal of Medicine auf. Dr. Robert Ho Man Kwok beschrieb darin Symptome wie Taubheitsgefühl im Nacken, allgemeine Schwäche und Herzklopfen, die er bei sich nach dem Essen in chinesischen Restaurants beobachtet hatte. Er vermutete verschiedene mögliche Ursachen, darunter den reichlichen Einsatz von MSG. Diese Vermutung verbreitete sich schnell und prägte das öffentliche Bild von MSG nachhaltig negativ. Doch was sagt die Wissenschaft dazu? In den folgenden Jahrzehnten wurden zahlreiche Studien durchgeführt, um einen möglichen Zusammenhang zu untersuchen. Insbesondere doppelblinde, placebokontrollierte Studien – der Goldstandard in der Forschung – konnten mehrheitlich keinen eindeutigen kausalen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von MSG in üblichen Mengen (wie sie in Lebensmitteln vorkommen) und den beschriebenen CRS-Symptomen bei der Allgemeinbevölkerung feststellen. Symptome traten, wenn überhaupt, meist nur bei sehr hohen Dosen (oft über 3 Gramm reines MSG auf nüchternen Magen – eine Menge, die man beim normalen Essen kaum erreicht) und nur bei einer kleinen Untergruppe von Personen auf, die sich selbst als empfindlich bezeichneten.
Argumente für die Sicherheit von MSG (in üblichen Mengen)
- Chemische Identität: Zugesetztes MSG ist chemisch identisch mit dem natürlich vorkommenden Glutamat in Lebensmitteln wie Tomaten oder Käse.
- Körpereigene Produktion: Der menschliche Körper produziert selbst erhebliche Mengen Glutamat und benötigt es für Stoffwechselfunktionen.
- Studienergebnisse: Die Mehrzahl hochwertiger wissenschaftlicher Studien (doppelblind, placebokontrolliert) findet keinen konsistenten Zusammenhang zwischen üblichen MSG-Mengen und dem „CRS“.
- Behördliche Einstufung: Internationale Lebensmittelsicherheitsbehörden wie die FDA (USA) und die EFSA (EU) stufen MSG als sicher ein. Der ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) wurde von der EFSA als „nicht spezifiziert“ eingestuft, was auf eine sehr geringe Toxizität hindeutet.
- Lange Verwendungsgeschichte: MSG wird seit über einem Jahrhundert weltweit in Lebensmitteln verwendet.
- Salzreduktion möglich: MSG enthält etwa zwei Drittel weniger Natrium als Kochsalz und kann helfen, den Salzgehalt von Speisen bei gleichbleibendem Geschmacksempfinden zu senken.
Argumente für mögliche Bedenken / Diskussionspunkte
- Subjektive Unverträglichkeiten: Ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung berichtet über individuelle, meist milde und vorübergehende Symptome (wie Kopfschmerzen, Schwitzen) nach dem Verzehr von MSG-reichen Mahlzeiten.
- Hohe Dosen in Studien: In einigen Studien wurden bei sehr hohen Dosen (oft unrealistisch für normalen Verzehr) auf nüchternen Magen Effekte beobachtet.
- Kontext der Verwendung: MSG wird häufig in hochverarbeiteten, oft nährstoffarmen Lebensmitteln eingesetzt. Negative gesundheitliche Assoziationen könnten eher vom Gesamtprodukt als vom MSG allein herrühren.
- Versteckte Quellen: Zutaten wie Hefeextrakt oder Würze können den Glutamatgehalt erhöhen, ohne dass „MSG“ deklariert ist, was die Kontrolle für empfindliche Personen erschwert.
- Nocebo-Effekt: Die negative Erwartungshaltung („Ich vertrage kein Glutamat“) kann dazu führen, dass Menschen Symptome entwickeln, auch wenn kein oder nur Placebo verabreicht wurde.
- Finanzierung von Studien: Kritiker weisen darauf hin, dass einige Studien zur Sicherheit von MSG von der Industrie (mit-)finanziert wurden, was Fragen zur Unabhängigkeit aufwerfen könnte.
Was könnte also hinter den ursprünglich beschriebenen Symptomen des „CRS“ stecken, wenn nicht primär das MSG? Experten vermuten heute ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren: Andere Inhaltsstoffe in reichhaltigen Mahlzeiten (z.B. Histamin in fermentierten Produkten, andere Allergene), die schiere Menge der aufgenommenen Nahrung, der begleitende Alkoholkonsum oder eben der bereits erwähnte Nocebo-Effekt. Die wissenschaftliche Gemeinschaft betrachtet das „China-Restaurant-Syndrom“ als spezifische, klar durch MSG verursachte Erkrankung heute überwiegend als Mythos oder zumindest als stark überbewertet. Zwar wird nicht ausgeschlossen, dass einzelne Personen auf sehr hohe Mengen empfindlich reagieren könnten, dies scheint aber eher die Ausnahme als die Regel zu sein. Die generelle Verteufelung von MSG als per se schädlich entbehrt bei normalem Konsum im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung einer soliden wissenschaftlichen Grundlage. Der Fokus auf einen einzelnen Inhaltsstoff lenkt oft von wichtigeren Aspekten wie der Gesamtqualität der Ernährung ab. Dennoch hält sich die negative Wahrnehmung hartnäckig, was auch dazu führt, dass viele Restaurants und Hersteller heute bewusst auf den Zusatz von MSG verzichten und dies prominent bewerben.
Glutamat heute: Moderne asiatische Küche und Alternativen
Die Wahrnehmung und Verwendung von Glutamat hat sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt, und das nicht nur im Westen, sondern auch in vielen Teilen Asiens. Die anhaltenden Diskussionen um das „China-Restaurant-Syndrom“ und der allgemeine Trend zu natürlicheren Lebensmitteln („Clean Label“) haben dazu geführt, dass viele Köche und Lebensmittelhersteller den Einsatz von zugesetztem Mononatriumglutamat (MSG) überdenken. Es ist keine Seltenheit mehr, dass gerade höherwertige asiatische Restaurants explizit damit werben, „ohne zugesetztes Glutamat“ oder „No MSG“ zu kochen. Dies spiegelt ein wachsendes Bewusstsein für die Wünsche gesundheitsbewusster Konsumenten wider, aber auch eine Rückbesinnung auf traditionelle Methoden zur Geschmackserzeugung. Statt auf das schnelle und einfache Mittel MSG zurückzugreifen, konzentrieren sich viele Köche wieder verstärkt darauf, den begehrten Umami-Geschmack durch sorgfältig ausgewählte, hochwertige Zutaten und traditionelle Zubereitungstechniken zu erzielen. Lange gekochte Brühen aus Knochen und Gemüse, der Einsatz von fermentierten Produkten wie Miso und Sojasauce, die Verwendung von Algen oder getrockneten Pilzen – all das sind Wege, um auf natürliche Weise Tiefe und Herzhaftigkeit in die Gerichte zu bringen.
- Hochwertige Sojasaucen: Traditionell gebraute Varianten (Shoyu, Tamari), die über Monate oder gar Jahre fermentiert wurden, entwickeln eine enorme Geschmackstiefe und viel natürliches Glutamat.
- Miso-Pasten: Vielfältige Pasten aus fermentierten Sojabohnen (und ggf. Getreide) liefern komplexe Umami-Noten und werden für Suppen, Marinaden und Saucen genutzt.
- Hefeextrakt: Obwohl oft als „verstecktes Glutamat“ kritisiert, ist Hefeextrakt eine Zutat, die auf natürliche Weise (durch Aufspaltung von Hefeproteinen) reich an freiem Glutamat ist und als Alternative zu reinem MSG dient.
- Konzentrierte Brühen: Langsam reduzierte Gemüse-, Pilz-, Fleisch- oder Fischbrühen sind eine natürliche Quelle intensiven Geschmacks.
- Tomatenprodukte: Insbesondere Tomatenmark oder sonnengetrocknete Tomaten sind reich an natürlichem Glutamat und finden auch in der asiatischen Fusionsküche Verwendung.
- Gereifter Käse: Vor allem Parmesan kann in modernen oder Fusionsgerichten als Umami-Quelle dienen.
- Nukleotidreiche Zutaten: Getrocknete Shiitake-Pilze (reich an Guanylat) oder Fischprodukte wie Sardellen oder Bonitoflocken (reich an Inosinat) werden gezielt eingesetzt, um die Umami-Synergie mit glutamatreichen Zutaten zu nutzen.
- Kokosnuss-Aminos: Eine gluten- und sojafreie Alternative zu Sojasauce, die durch Fermentation von Kokosblütensaft entsteht und ebenfalls Umami-Noten liefert.
Dieser Wandel bedeutet jedoch nicht, dass zugesetztes Glutamat aus der asiatischen Küche verschwunden ist. Insbesondere in der schnellen Gastronomie, bei Street Food oder in der Produktion von Fertiggerichten und Snacks ist MSG aufgrund seiner Effektivität und seines geringen Preises weiterhin verbreitet. Es existiert also ein Spannungsfeld zwischen der modernen, oft gesundheitsbewussten und auf Natürlichkeit bedachten Küche und der alltäglichen, pragmatischen Verwendung von Geschmacksverstärkern. Die Kunst des Kochs zeigt sich heute oft darin, die Balance zu finden und Geschmackstiefe durch handwerkliches Können und die Qualität der Grundprodukte zu erreichen, anstatt sie künstlich zu erzeugen. Transparenz gegenüber dem Gast spielt dabei eine immer größere Rolle. Letztlich ist die asiatische Küche ein riesiges, vielfältiges Universum. Die Frage nach Glutamat ist nur eine Facette davon. Ob mit oder ohne zugesetztes MSG – das Streben nach dem tiefen, befriedigenden Umami-Geschmack bleibt ein zentrales Element, das auf vielfältige Weise erreicht werden kann, sei es durch traditionelle, natürliche Quellen oder durch den gezielten Einsatz moderner Hilfsmittel.